Eigentlich wollte ich ja die blog-Arbeit bleiben lassen, aber dann las ich es in der Zeitung und hörte es im Fernsehen: die EU plant eine neue Saatgutverordnung. Hobbygärtner und Mikrobetriebe werden ausgenommen. Alles gut. Oder doch nicht? Ich suchte und fand sie – die neue geplante Gesetzesverordnung über die die Medien berichten.
Die neue Gesetzesverodnung vom 06.05.2013 trägt den Titel:
»VERORDNUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES über die Erzeugung von Pflanzenvermehrungsmaterial und dessen Bereitstellung auf dem Markt«. (Nichts da von Saatgutverordnung!)
Verstehen kann man die Verordnung als Laie erst einmal überhaupt nicht. Da werden Begriffe verwendet, wie Ausgangsmaterial, Standartmaterial usw. Daneben erfolgen viele Querverweise innerhalb der Regelung. – Als ich anfing zu lesen, dachte ich nur: Zum Glück hast du mal jahrelang bei Gericht gearbeitet und kennst dieses Bürokratendeutsch!
Die EU definiert in der Verordnung als erstes den Begriff Saatgut neu. Saatgut gehört damit zum Vermehrungsgut (Pflanzenvermehungsmaterial). Und Vermehrungsgut ist alles vom Saatgut über den Steckling oder der Knolle bis zur fertigen Pflanze.
Daneben gilt: Egal ob Nutzpflanze, Zierpflanze, Gemüse, Wein, Obst oder sogar Wald. Verkauft und gekauft werden darf nach dieser Verordnung in Zukunft nur noch, was amtlich registriert wurde und ein amtliches Etikett trägt!
Soll diese Verordnung den endgültigen Sieg von Monsanto, DuPont und anderen Saatgutkonzernen sichern, die schon lange eingeräumt haben, dass sie das Ziel verfolgen, das gesamte Saatgut und alle Feldfrüchte, die auf der Erde angebaut werden, zu kontrollieren und zu beherrschen?
Was ich nämlich nicht verstehe:
Will jemand Vermehrungsgut in den Handel bringen will, muss er dieses nun national oder international bei einer noch zu schaffenden Behörde registrieren lassen. Die Registrierung kostet Geld und ist sehr umständlich, denn neben einem formalen Antrag erfolgt dann auch noch eine amtliche technische Prüfung des Vermehrungsgutes – also wohl der Pflanze u.a. auf ihre Gefahr für Umwelt, Mensch, Tier. Ist das alles geschafft, der Antragsteller hat bezahlt und die Registrierung erhalten, muss er jedes Jahr an das Amt zahlen, damit die Registrierung nicht erlischt. Heißt das nun, n u r derjenige, der die Sorte registriert bekommen hat, kann auch damit handeln, da er ja, die jährliche Gebühr und die Verfahrenskosten für die Registrierung getragen hat? Oder darf ich auf die Spendierfreude eines einzelnen hoffen, der dann auch für mich die Bahn für den Handel mit dieser Sorte freigemacht hat. …. Ich denke letzteres darf bezweifelt werden!
Die Hürde mit der Registrierung beinhaltet neben der Gefahr der Monopolstellung einzelner noch eine andere Gefahr – nämlich das Schrumpfen der Artenvielfalt, das Verschwinden von vielen Sorten auf dem Markt. im Kräuterhandel dürfte dieses z.B. auf Stevia oder Jiaogulan, nicht zu vergessen all die seltenen chinesischen Kräuter wie z.B. Ashwaganda zutreffen. Einfach und allein schon deshalb, weil sie nicht aus der EU als Ursprungsland stammen, wissenschaftliche Abhandlungen über ihre Wirksamkeit und Unbedenklichkeit als ganze Pflanze zumeist nicht vorliegen und eine Registrierung daher ausscheiden wird.
Der Hobbygärtner darf noch seine Pflanzen und sein Saatgut tauschen – unentgeltich versteht sich, denn wenn er es gegen Geld tut, vermarktet er sein Produkt und dann muss seine Pflanze oder sein Saatgut ein amtliches Etikett tragen mit der Aufschrift „Nischen-Material“ und er muss Buch führen über die Anzahl der Pflänzchen, die er da verkauft und wieviele er denn in seinem Garten so vermehrt. Sie glauben das nicht, dann lesen Sie mal Artikel 2 und Artikel 36 der Verordnung (hier im Original) oder hier in Deutsch – (auf Seite 27 finden Sie den Artikel 2 und Seite 45 den Artikel 36).
Die neue „Saatgutverordnung“ wie sie in den Medien genannt wird, soll im Jahr 2016 wohl in Kraft treten und zum 31.12.2020 vollständig umgesetzt werden. Ich hoffe, daß es so nicht passiert!
Lieben Gruß
Patricia Rühlemann
P.S.: Kurz nach Fertigstellung meines Artikels fand ich noch eine Internetseite, auf der kann man eine Petition unterzeichnen, um die Verordnung zu stoppen. Ferner kann man sich dort noch mehr Informationen über die geplante neue Richtlinie zur Reglementierung von Saatgut und Pflanzen holen.